Zittrige Hände sind mehr als nur ein Fingerzeig
Jeder kennt das Gefühl von zittrigen Händen. Dieses körperliche Zeichen muss ja nichts Ungewöhnliches bedeuten. An und für sich. Wenn unsere Hände zittern, weil wir aufgeregt sind, frieren oder zu viel Kaffee getrunken haben, dann ist das etwas ganz Natürliches. Falls keine dieser Ursachen vorliegen sollte, können zittrige Hände auch einmal ein Fingerzeig für eine Krankheit sein.
„Vorne weg: Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen zwei verschiedenen Formen des Tremors, wie es in der Fachsprache heißt“, führt Neurologe Josef Großmann an: „Den Ruhe- und den Aktionstremor.“
Das Ruhezittern tritt in vollkommener Entspannung auf. Einseitig in den Händen und Fingern betont, regelmäßig und rhythmisch ist das Ruhezittern ein vorbehaltlicher Hinweis auf ein Parkinsonsyndrom, so Großmann. „Diese Erkrankung ist zwar nach wie vor nicht heil-, aber mittlerweile gut behandelbar“, betont der Leiter der Neurologie-Abteilung am Bezirkskrankenhaus in Lienz.
Das Aktionszittern hingegen tritt, wie der Name schon sagt, bei einer willkürlichen Bewegung auf. Dieses Zittern ist nicht hinweisend auf Parkinson sondern auf eine andere Ursache. Für den Betroffenen kann es mitunter im Alltag sehr beeinträchtigend sein, zum Beispiel beim Besteckgebrauch, beim Halten eines Glases, oder beim Schreiben mit einem Stift.
Auch die Frequenz des Zitterns kann ein Unterscheidungsmerkmal sein.
„Wenn die Frequenz des Tremors relativ langsam ist, dann kann das an einer Kleinhirnerkrankung liegen“, erklärt Großmann. Beim Zittern im Kopfbereich mit einer gleichzeitig eingenommenen Fehlhaltung ist an eine sogenannte „Dystonie“ zu denken. Diese Erkrankung kann mit dem aus der ästhetischen Medizin bekannten Botulinumtoxin behandelt werden“, informiert er.
Menschen, denen die Hände zittern, müssen jedoch nicht gleich vor Angst auch noch die Knie schlottern. Nicht jedes Zittern, wie gerne angenommen wird, ist auf eine Erkrankung des Nervensystems zurückzuführen. Es gibt diesbezüglich viele Diagnosen, mit unterschiedlichen Verlaufsprognosen.
Auch bei einer Schilddrüsenüberfunktion, der sogenannten Hyperthyreose, kann ein Tremor auftreten. Schließlich werden bei der Hyperthyreose übermäßig viele Schilddrüsenhormone produziert, dadurch ist der Körper mit diesen Hormonen überversorgt. Durch diese Überversorgung können körperliche Symptome wie übermäßiges Schwitzen, Schlaflosigkeit, Nervosität, Rastlosigkeit, Gewichtsabnahme oder eben auch das Zittern der Hände auftreten.
Die Einnahme bestimmter Medikamente kann ebenfalls zu einem Zittern führen. „Es sieht manchmal aus wie das Parkinson-Zittern, wird aber durch die Nebenwirkung eines Arzneimittels hervorgerufen.“ Allerdings würden nur wenige Medikamente solche Nebenwirkungen erzeugen. „Sie werden vor allem in der Psychiatrie verwendet. Es sind Nervenmedikamente, welche die Dopaminrezeptoren blockieren“, erläutert der Mediziner.
Und schon allein der seelische Zustand eines Menschen kann ausreichen, um ein Zittern der Hände zu verursachen. „Es gibt auch psychische Erkrankungen, die sich so ausdrücken, ganz ohne körperliche Ursachen“, bemerkt er.
Ein durch die Psyche hervorgerufener Tremor kann klinisch und differentialdiagnostisch sehr herausfordernd sein. „Bei einem psychogenem Tremor empfiehlt sich auf jeden Fall eine Psychotherapie.“
Richtig untersucht
Dem Mediziner Josef Großmann ist es ein besonderes Anliegen, hervorzuheben, dass die Herkunft eines Tremors unbedingt vom Facharzt für Neurologie festgestellt werden muss. „Weil sich dahinter so viele Ursachen verbergen können. Und nur, wenn die Diagnose bekannt ist, kann eine adäquate Behandlung eingeleitet werden“, bekräftigt er.
Die Untersuchung selbst wäre auch gar nicht aufwendig. „Meist genügen ein Gespräch und eine klinische Untersuchung.“ Das könne bis zu einer halben Stunden dauern, aber ein erfahrener Neurologe wüsste anhand des Beschwerdebildes oft schon nach fünf Minuten, worin die Ursache läge.
Nur in seltenen Fällen braucht es noch weiterführende bildgebende Zusatzuntersuchungen wie eine Magnetresonanztomographie, kurz MRT genannt. Nuklearmedizinische Untersuchungen des Gehirnstoffwechsels sind ebenfalls wirklich nur in Ausnahmefällen nötig“, sagt er.
Gut behandelbar
Insgesamt hebt der Mediziner hervor, dass das Zittern meist gut mit Medikamenten behandelbar ist: „In einzelnen Fällen können aber auch andere Behandlungsformen wie die Tiefenhirnstimulation in Betracht gezogen werden.“ Dabei wird eine Sonde operativ eingebracht, über welche Stromimpulse in bestimmte Hirnzentren abgegeben werden. Diese überlagern dann, wie ein Störsender, die das Zittern verursachende pathologische Eigenfrequenz dieser Zentren. Diese Methode sei aber die Ultima Ratio, also der absolut letzte Ausweg. „Und das kommt nur bei einzelnen Krankheitsbildern wie Dystonie und Parkinsonsyndrom in Frage.“